Liebe Brüder und Schwestern!
Dumpfe Trommelwirbel erschütterten die altehrwürdigen Mauern der Klosterkirche. Männer und Frauen in weißen Gewändern sangen wildklingende Lieder und tanzten scheinbar extatisch zu ihren Klängen. Doch plötzlich ging eine Pforte auf und eine Reihe schwarzgekleideter Männer mit ernsten Gesichtern betrat die Bühne des Geschehens, gefolgt von Priestern, zwei Äbten und sogar einem Bischof.
Was wie ein Szenario aus einem Horrorstreifen anmutete, in dem ein Exorzismus, eine Teufelsaustreibung anstand, war heute in einem deutschen Benediktinerkloster Realität. Doch natürlich hatte das mitnichten etwas mit einem Exorzismus zu tun, sondern es handelte sich hierbei um den Einzug des Klosterkonvents zur allsonntäglichen Messe. Anläßlich des Weltmissionssonntags waren Gäste aus der Benediktinerabtei Ndanda in Tansania zu Gast, die einen Flair afrikanischer Lebens- und Glaubensfreude ins kalte Europa mitbrachten. Das Aufeinandertreffen, um nicht zu sagen Aufeinanderprallen, verschiedener Nationen und Kulturen wirkte wie ein Kontrastprogramm.
Im 19. und 20. Jahrhundert machten sich deutsche Missionsbenediktiner auf nach Afrika, um dort getreu der heutigen Perikope das Evangelium zu verkünden. Zahlreiche Klostergründungen fanden statt und viele Einheimische bekehrten sich (übrigens ganz ohne Zwang!!!) zum Christentum.
Damals handelte es sich weniger um einen gleichberechtigten Austausch von Wissen und Kultur, sondern quasi um eine Art "Export". Heute jedoch brachten die afrikanischen Gäste sehr viel mit. Manchmal dauert ein Austausch anscheinend länger. ;-)
Eine Gottesdienstteilnehmerin bemerkte, die afrikanischen Frauen und Männer wären wie die Kinder. Diese Bemerkung war nicht negativ gemeint, sondern zielte darauf ab, dass wir etwas verloren hätten, was jene Leute uns neu vermittelten: Kindliche Freude am Leben und Glauben. Gemessen an deutschen Maßstäben ist der Lebensstandard der afrikanischen Gäste sicherlich sehr viel geringer als bei uns. Und doch, in gewisser Weise sind sie reicher als wir, bewahrten sie sich doch einen Schatz, der vielen von uns verlorenging: Unbekümmerte Freude, auf ihre ganz eigene für uns kindlich anmutende Weise.
Ich denke, genau das ist es, was Jesus meinte, als er sagte, wir sollten werden wie die Kinder. In gewisser Weise wurden heute WIR missioniert. Auf die Frage, was wir in Europa von der Kirche in Tansania lernen könnten, antwortete ein afrikanischer Priester: "Die Kirche in Deutschland muss aufhören zu schlafen. Hört auf zu schlafen!"
Wer das eingangs erwähnte Kontrastprogramm erlebt hatte, dem war klar, was gemeint war. Aber auch eine gewisse Wachsamkeit gegenüber schlechten Einflüssen ist hier gemeint. Oft genug dreht sich die Kirche um sich selbst anstatt Antworten zu geben. Gerade in unserer heutigen Zeit ist es wichtig, dass die Kirche wieder zum Volk geht und ihm, wie sich Luther einst ausdrückte, "aufs Maul schaut".
Lasst uns wieder mehr auf die Leute zugehen! Geben wir ihnen Antworten auf ihre Fragen! Hören wir ihnen zu, wenn sie ihre Anliegen und Meinungen vorbringen! Das ist Kirche und das ist auch Mission. Mission bedeutet auch Dialog. Dialog bedeutet Austausch. Also, den anderen (übrigens auch und gerade andere Religionen) kennenlernen, das Gute annehmen und Gemeinsamkeiten entdecken. Es bedeutet aber auch, unterschiedliche Standpunkte stehenzulassen. "Prüft alles und behaltet das Gute!" (1. Thess. 5, 21)
In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen fruchtbringenden Austausch!
Et pax Dei, quae exsuperat omnem sensum, custodiet corda vestra et intelligentias vestras in Christo Iesu. Amen!
© Br. Colin MacTarbh MMXV